Anthroposophische Medizin

 

Anthroposophie leitet sich von den beiden griechischen Begriffen „Anthropos“ (der Mensch) und „Sophia“ (die Weisheit) ab. Anthroposophische Medizin ist also „Human-Medizin im wörtlichen Sinne. Sie versucht den Menschen in seiner weisheitsvollen Einheit von Körper, Seele und Geist zu verstehen und zu behandeln.

Diese ganzheitliche Betrachtungsweise wurde in den letzten Jahrhunderten immer mehr vernachlässigt - zugunsten eines zunehmend detaillierteren Menschenbildes. Daraus etablierten sich verschiedene Wissenschaftsrichtungen mit dem Anspruch, nur die eigene Sichtweise könne den Menschen vollständig erklären.


Trotz aller Differenzen erbrachte jede dieser Wissenschaften auf ihrem Teilgebiet  wertvolle Einzel-Erkenntnisse, wie zum Beispiel:

  • Naturwissenschaften bei der Untersuchung des menschlichen Körpers
  • die Naturheilkunde bei der Erforschung menschlicher Lebens- und Regenerationsprozesse
  • die Psychologie bei der Entdeckung eines eigenständigen Seelenlebens
  • Geisteswissenschaften mit der Erkenntnis spiritueller Fähigkeiten.

Der Versuch allerdings, den Menschen ausschließlich unter einem Teilaspekt zu verstehen und zu behandeln, kann zwar zu kurzfristigen Erfolgen führen; dies wird aber weder dem Menschen in seiner Ganzheit gerecht, noch ist eine besondere Nachhaltigkeit davon zu erwarten. 

Die Anthroposophische Medizin berücksichtigt die Errungenschaften der einzelnen Wissenschaften und macht sie für den therapeutischen Gesamtprozess fruchtbar. Darüber hinaus hat sie weitere spezifisch anthroposophisch-therapeutische Verfahren entwickelt, wie:

  • Heileurythmie
  • Rhythmische Massage
  • Maltherapie
  • Plastisch-therapeutisches Gestalten
  • Musik-Therapie
  • Therapeutische Sprachgestaltung
  • Anthroposophisch-homöopathische Arzneimittel


Die sich immer weiter entwickelnde Individualität des Menschen spielt in der Anthroposophischen Medizin eine zentrale Rolle. Krankheit ist mehr als ein ausschließlich reparaturbedürftiger Zustand. Wirkliche Gesundung begnügt sich nicht mit der Wiederherstellung des alten Status quo, sondern hat immer eine Veränderung, eine Weiterentwicklung des Bisherigen zum Ziel.

Wie wir uns dabei mit Krankheit auseinander setzen, hängt weniger von der Erkrankung, als vielmehr von unserer Persönlichkeit ab. Wird sie als Versagen, als Schuld, als Strafe erlebt? Oder als Herausforderung, als Chance zur Veränderung? Entsprechend dieser individuellen Prägung ist - auch bei gleichem Krankheitsbild – eine jeweils individuelle Behandlungsweise angezeigt.


Nicht zuletzt ist die therapeutische Beziehung zwischen Patient und Arzt für den Genesungsprozess von großer Bedeutung. Wie viel Hilfe von außen ist erforderlich? Und wie viel Eigenaktivität kann der Erkrankte beitragen? Dies muss in der Begegnung zwischen Patient und Arzt immer wieder neu ausbalanciert werden.


Wie viel Erfahrung, wie viel Mut, wie viel Vertrauen in den Heilungsprozess kommt dem Patienten von Seiten der ärztlichen Persönlichkeit entgegen und wie viel Zuversicht und Schicksals-Vertrauen kann der Patient selbst einbringen?

Meister Eckehart hat diesen besonderen Moment der Begegnung zweier Menschen - hier zwischen Patient und Arzt - mit einfachen, aber anspruchsvollen Worten beschrieben:


Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige.
Immer ist der wichtigste Mensch der, der Dir gerade gegenübersteht.
Immer ist die wichtigste Tat die Liebe.